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Dipl. -lng. Heinrich Pfeifer  


Bandzählwerk in Spielzeit umgerechnet
 

In FUNKSCHAU 1977, Heft 17, S. 807, war unter dem Titel "Programmierung von Taschenrechnern" beschrieben, wie sich Rechner-IS quasi als arithmetikorientierte Mikroprozessoren einsetzen lassen. Der folgende Beitrag bringt eine typische Anwendung für solche Schaltungen; ein Taschenrechner-Chip könnte hier die automatische Umrechnung von einem normalen Bandzählwerk auf die Tonband-Spieldauer besorgen. Wer sich den Umbau sparen will, kann natürlich auch "von Hand" rechnen.
 
Bei der Archivierung von Tonbandaufnahmen ist auch die Angabe von deren Spieldauer bzw. der noch freien Spieldauer des Bandes interessant. Aber nur aufwendige Studiomaschinen besitzen ein Bandzählwerk, das direkt die Spielzeit anzeigt. Bei Amateurgeräten ist der Zusammenhang zwischen Zählerstand und Spieldauer nicht linear, da das Zählwerk von einem Wickelteller angetrieben wird und dieser seine Drehzahl abhängig vom Wickeldurchmesser ändert. Beispielsweise können 10 Einheiten am Bandanfang einer Spieldauer von einer Minute entsprechen, am Bandende aber nur noch 20 Sekunden.
Man kann natürlich jede Aufnahme mit der Stoppuhr messen oder sich auch mit einer Tabelle behelfen, in die man in kurzen Abständen Zählerstand und Spielzeit einträgt. Für jeden Bandtyp und jede Spulengröße wäre eine Tabelle anzulegen; diese Methode ist sehr zeitraubend.
Im folgenden wird eine Formel hergeleitet, die es gestattet, den Zählwerkstand in die genaue Spielzeit umzurechnen. Dazu sind vorab für jeden Bandtyp nur zwei Zeitmessungen vorzunehmen


Theoretische Herleitung


Gesucht ist die Abhängigkeit der Spielzeit t vom Zählwerkstand z:

t = f(z).

Das Zählwerk zählt die Umdrehungen n eines Wickeltellers, multipliziert mit einer gerätespezifischen Konstante k:

z = n * k.

Die interessierende Spielzeit t ist über die konstante Bandgeschwindigkeit v mit der Bandlänge l verknüpft:

t = l/v.

Beides sind lineare Zusammenhänge; es fehlt noch die nichtlineare Beziehung l = f(n), die aus der Geometrie des Bandwickels hergeleitet wird.
Das Band wird auf der Spule spiralförmig aufgewickelt. Der Abstand zweier Spiralwindungen ist konstant gleich der Banddicke d; dies gilt für den gesamten Wickel. Also handelt es sich um eine archimedische Spirale; bei dieser ist definitionsgemäß der Abstand r eines Punktes vom Mittelpunkt proportional dem Drehwinkel φ, also

r = c * φ

mit c als Proportionalitätskonstante. Daraus folgt, daß der Abstand zweier Spiralwindungen (φ = 2π) konstant d = c * 2π beträgt.
Uns interessiert die Länge l des Spiralbogens; hierfür gilt l = ½ * c * φ², wenn φ wesentlich größer als 2π ist [1]. Diese Bedingung ist hier grundsätzlich erfüllt, da uns die Bogenlänge in der Nähe des Mittelpunktes nicht interessiert. So gilt l = ½ * c * (2π * n)². Dies ist die Bogenlänge ab Mittelpunkt; der Bandwickel beginnt jedoch nicht im Spulenmittelpunkt, sondern beim Spulenkernradius. Diesem Umstand tragen wir Rechnung, indem wir die hypothetische Bogenlänge l0 = f(n0) von Mittelpunkt bis Spulenkern subtrahieren:

Formel (1)

Dabei ist n0 eine Konstante, die vom Kernradius abhängt.

Nehmen wir zunächst an, daß das Bandzählwerk von der (rechten) Aufwickelspule getrieben wird. Bei leerer Spule wurde es auf Null gestellt. Der Zählerstand bedeutet dann z = k * (nt - n0). In Gleichung (1) können wir nun die Variable n1 durch n1 = z/k + n0 ersetzen; damit ergibt sich:

Formel (1-2)

v, c, k und n0 sind Konstanten. Deren Bestimmung können wir umgehen, indem wir zusammenfassen:

Formel (2)

Die Abhängigkeit der Spielzeit t vom Zählerstand z entspricht also einer quadratischen Gleichung. Dies gilt auch für Geräte, bei denen das Zählwerk von der (linken) Abwickelspule getrieben wird; hierbei ergibt sich für a ein negativer Wert.


Anwendung der Gleichung


Um die Konstanten a und b zu ermitteln, sind zwei Zeitmessungen erforderlich; die beiden Meßpunkte sollten möglichst weit auseinanderliegen, etwa in Bandmitte und am Bandende. z1, t1 seien Zählerstand und zugehörige Spielzeit etwa in Bandmitte, zmax und tmax am Bandende.

Formel (3)

Die beiden Messungen mit anschließender Berechnung von a und b sind für jeden Bandtyp und jede Spulengröße einmal vorzunehmen. Da die Stoppuhr während eines Banddurchlaufs nur zweimal abgelesen werden muß, ist diese Methode weit bequemer als das Aufnehmen einer ähnlich genauen Tabelle. Wer das Arbeiten mit einer Tabelle dennoch für angenehmer hält, kann sich die Tabellenwerte auch mit obiger Formel errechnen.
Die mit Gleichung (2) errechnete Zeit t ist die Spielzeit vom Bandanfang bis zum Zählerstand z. Die verbleibende Zeit vom Zählerstand z bis zum Bandende ergibt sich zu

Formel (4)

Die Zeit zwischen zwei Zählerständen z1 und z2 beträgt

Formel (5)

Gelegentlich interessiert auch die Umkehrfunktion von (2); sie gibt den Zählerstand z an, bei dem eine vorgegebene Spielzeit t erreicht ist:

Formel (6)

Am besten legt man sich eine Tabelle an, die für jeden Bandtyp und jede Spulengröße die Werte a, b, tmax und zmax enthält. Dazu notiert man sich die Formel (2), eventuell auch (4), (5) und (6). Zur Ermittlung von a und b aus zwei Messungen dienen die Gleichungen (3).
Die Genauigkeit des Verfahrens wird im wesentlichen durch die Genauigkeit des Bandzählwerks bestimmt. Ferner ist unbedingt darauf zu achten, daß beide Spulen den gleichen Kerndurchmesser haben, damit die Werte a und b auch nach dem Wenden des Bandes noch gelten.
Zum Aufsuchen einer Stelle auf der zweiten Bandseite muß üblicherweise zuerst das ganze Band umgespult werden, um den Zähler auf Null zu stellen. Dies läßt sich folgendermaßen umgehen: Man legt die volle Spule nach rechts und die leere nach links und stellt den Zähler nach dem Aufspulen des Vorspanns auf Null. Dann wird der schnelle Rücklauf gestartet. Das Zählwerk zählt nun rückwärts, beginnend mit 9999 (dreistellig: 999). Den abgelesenen Zählerstand nennen wir zr. Der reelle Zählerstand, der sich bei Nullstellung am Bandanfang ergeben hätte, beträgt sodann z = zr + zmax - 10000. (Bei dreistelligem Zähler ist die Zahl 1000 zu subtrahieren. ) Mit einem Taschenrechner sind die angegebenen Beziehungen mühelos anzuwenden.

Literatur:

[1] Bronstein, Semendjajew: Taschenbuch der Mathematik. Verlag Harri Deutsch, Zürich und Frankfurt am Main.
 
aus: Funkschau 24/1977, Seite 80/81.

Herzlichen Dank an die Funkschau für die Erlaubnis, diesen Artikel hier zu veröffentlichen.
 
 
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