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  Die drei Wege zum Tonband von heute
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Hans-Joachim Cabus  
Die drei Wege zum Tonband von heute  
1934 war das Geburtsjahr des Tonbandes. Die BASF lieferte die ersten 50.000 m an die AEG in Berlin. Zusammen mit dem von der AEG entwickelten ersten "Magnetophon" wurde es 1935 auf der Berliner Funkausstellung der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Idee, die bislang für die magnetische Schallaufzeichnung verwendeten Stahldrähte oder Stahlbänder durch einen besser zu handhabenden und leichteren Tonträger zu ersetzen, hatte der Dresdener Ingenieur Fritz Pfleumer. Mit dem DRP 500 900 wurde sein mit Stahlstaub beklebtes Papierband patentiert.  
In den Labors der BASF wurde das für die Praxis kaum verwendbare Papier durch den Kunststoff Acetylzellulose als Träger ersetzt. Nach dem Namen Cellit für diesen Kunststoff nannte man das erste einsatzfähige Tonband der Welt "Magnetophonband Typ C". Es wurde nach einem für die Herstellung von Fotofilmen bekannten Verfahren gefertigt: Man goß einen Grundfilm aus Acetylzellulose und trug auf ihn die magnetisierbaren Teilchen in dünner Schicht gleichmäßig verteilt auf. Die so erhaltenen Rollen wurden in 6,5 mm breite Bänder geschnitten und in Längen von 1000 m auf Metallkernen aufgespult.
Am Rande bemerkt: Beinahe hätte man das Magnetophonband "Ferrotonband" genannt, denn die AEG überlegte für das neue Gerät den Namen "Ferroton". Man entschloß sich dann aber doch für "Magnetophon".
 
AEG 1936 Eines der ersten tragbaren Tonbandgeräte der Welt aus dem Jahre 1936. Zu diesem Abspielgerät gehörten noch ein gleich großer Lautsprecherkoffer und ein Kohlemikrofon
Die ersten Geräte liefen mit der hohen Bandgeschwindigkeit von 1 m/s = nicht ganz 17 Minuten Spielzeit. Am Anfang dachte man hier nur an die Aufnahme und Wiedergabe von Diktaten. Mit der Aufnahme eines Konzerts der Londoner Philharmoniker unter der Leitung von Sir Thomas Beecham im Jahre 1936 in Ludwigshafen bewies das Tonband jedoch, daß es mehr konnte. Vor allem die Rundfunkstationen gingen vom Schneiden der Schallplatten aus Wachs immer mehr zu Magnetophonbändern über. 1939 wurden bereits 12.000 km Tonband hergestellt.
Die Aufzeichnung erfolgte zunächst nach dem Prinzip der Gleichstromvormagnetisierung. Der Aufnahmekopf überlagerte dabei ein vorher aufgebrachtes konstantes Gleichfeld mit einem neuen Wechselfeld. Damit erreichte man zwar mit der Tonfrequenz von 50...5.000 Hz den damaligen Mittelwellensender-Standard, aber die Existenz des Gleichfeldes war in Aufnahmepausen deutlich als Rauschen zu hören.
Das änderte sich 1941 grundlegend: Ein Zufall bei technischen Versuchen im Forschungslabor der damaligen Reichsrundfunkgesellschaft in Berlin führte zur Entwicklung der Hochfrequenzvormagnetisierung durch Dr. von Braunmühl und Dipl.-Ing. Weber. Statt des vorher üblichen Gleichstroms wurde das Band jetzt mit einem sinusförmigen Strom hoher Frequenz vormagnetisiert. Statt der vorherigen, alle vorhandenen alten Aufzeichnungen zudeckenden Gleichstromsättigung erfolgte jetzt eine völlige Entmagnetisierung des Bandes. Das war der entscheidende Schritt, den gesamten natürlichen Tonumfang von Sprache und Musik mit dem Magnettonverfahren zu beherrschen.
Eigenartigerweise hatten die Amerikaner die Entwicklung des Tonbandes nicht mitbekommen. Bis 1945 arbeiteten sie noch mit den alten Drahttongeräten. Das änderte sich jedoch sehr schnell, als ihnen bei Kriegsende die deutschen Tonbänder und Tonbandgeräte in die Hände fielen. Sie bauten in kürzester Frist eine eigene Tonbandindustrie auf.

Der 1. Weg:


Niedrigere Bandgeschwindigkeiten
Es waren auch die Amerikaner, die jetzt neue Normen setzten, die bis heute beibehalten wurden: Sie stellten von cm und m auf Zoll (inches) und Feet um. Aus der Bandgeschwindigkeit von 78,5 cm/s, mit der man inzwischen in deutschen Studios arbeitete, wurden 76,2 cm/s = 30 ips (inches per second). Auch die deutsche bisherige Tonbandbreite von 6,5 mm wurde mit 6,3 mm = ¼ Zoll dem System angepaßt. Tabellarisch ergibt sich bis heute eine Entwicklung, die durch ständige technische Verbesserungen an Geräten und Bändern und durch die damit möglichen jeweiligen Halbierungen der Bandgeschwindigkeiten erreicht werden konnte (Tabelle 1)

Tabelle 1.
Genormte Bandgeschwindigkeiten


Amerikanische Norm
Deutsche Norm
Handelsübliche cm-Bezeichnung
30 ips 76,2 cm/s ---
15 ips 38,1 cm/s ---
7½ ips 19,05 cm/s 19 cm/s
3¾ ips 9,53 cm/s 9,5 cm/s
1 7/8 ips 4,76 cm/s 4,75 cm/s
15/16 ips 2,38 cm/s 2,4 cm/s

Die handelsüblich verwendeten Geschwindigkeitsangaben entsprechen also nicht haargenau den tatsächlichen Geschwindigkeiten, aber das hat sich weitgehend so eingebürgert. Die Heimtonbandgeräte, die man etwa seit 1950 kennt, arbeiteten zunächst allein mit 19 cm/s. Heute hat sich hier als internationale Standard-Geschwindigkeit 9,5 cm/s eingeführt, eine Bandgeschwindigkeit, mit der sich inzwischen Hi-Fi-Bedingungen ohne weiteres erreichen lassen. Hochwertige Heimtongeräte haben daneben außer 4,75 cm/s nach wie vor auch noch 19 cm/s.
Ein weiterer Schritt, die Spielzeit pro Band zu erhöhen, war die Halbspurtechnik, die auf dem Heimtonsektor bald der anfänglichen Vollspurtechnik folgte und schließlich die bei bestimmten technischen Voraussetzungen noch wirtschaftlichere Viertelspurtechnik. Die meisten professionellen Studios dagegen fahren heute noch mit 38,1 cm/s, eine Bandgeschwindigkeit, auf die man sich Mitte der 50er Jahre umgestellt hat.

Der 2. Weg: Dünnere Tonbänder

Ein zweiter Weg, die Anwendung des Tonbandes noch rationeller zu gestalten, war die Verringerung der Banddicke. Je dünner das Band ist, um so mehr Bandlänge paßt auf eine Spule, um so länger wird damit die Spielzeit. Auf dem professionellen Sektor spielen die dünneren Bänder keine große Rolle, weil man hier Spulen bzw. Wickel einsetzen kann, die größer sind als die auf Amateurgeräten, die durchweg nur Spulen bis maximal zur Größe 18 ( = 18 cm Durchmesser) aufnehmen können.
Es begann mit dem Standardband (SP = Standard Play Tape), 1954 folgte das Langspielband (LP = Long Play Tape), 1958 das Doppelspielband (DP = Double Play Tape) und 1961 das Dreifachspielband (TP = Triple Play Tape). Dazu die entsprechenden Werte in Tabelle 2.

Tabelle 2. Verschiedene Tonbandstärken


Band-
typ
Banddicke
Bandlänge auf 18er Spule
Spielzeit pro Spur bei 19 cm/s
SP 52 µm 1.200 ft 360 m 30 min
LP 35 µm 1.800 ft 540 m 45 min
DP 26 µm 2.400 ft 730 m 60 min
TP 18 µm 3.600 ft 1.080 m 90 min

Hier ist anzumerken, daß die Hersteller die Bandlänge in Feet garantieren, nicht in Meter. Das ist aber nie zum Nachteil der Käufer nach Meter. Ein 540-m-Band ist also zum Beispiel wenigstens 1.800 ft, also 548,64m lang.
In der Zwischenzeit sind zu diesem Grundtypen auch noch Vierfachspielbänder (12 µm) und sogar Sechsfachspielbänder (9 µm) hinzugekommen. Diese werden jedoch nur in geschlossenen Compact-Cassetten eingesetzt, weil sie für Spulengeräte, die oft etwas robuster arbeiten, schon rein mechanisch zu empfindlich sein können.
In der Praxis gibt es heute das Standardband kaum noch, nachdem selbst das dreimal so dünne Dreifachspielband auf den mechanisch bandschonenderen Heimtonbandgeräten unserer Zeit seine Bewährungsprobe längst bestanden hat. Übrigens war es gerade das Dreifachspielband, das zur Einführung von - oft batteriebetriebenen - Tonbandgeräten mit kleinerem Spulendurchmesser beitrug. Immerhin bietet es hier auf einer 11er-Spule die gleiche Spielzeit wie früher ein Standardband auf einer 18er-Spule.

Der 3. Weg: Leistungsfähigere Tonbänder

Neben immer niedrigeren Bandgeschwindigkeiten und immer dünneren Bändern wurde noch ein dritter Weg beschritten, die Wirtschaftlichkeit von Tonbändern zu erweitern: Die Verbesserung der Leistungsfähigkeit.
Mitte der 60er Jahre kam das besonders rauscharme Band (Low Noise) und bald darauf ein zugleich rauscharmes und hoch aussteuerbares Band (LH = Low Noise/High Output). Mit einem speziell entwickelten Eisenoxid konnte hier das Bandrauschen im Vergleich zu früher bis zu 3,5 dB gesenkt werden. Zugleich erreichte man mit einer neuen Bandtechnologie eine um gut 4 dB bessere Tiefenaussteuerbarkeit. Eine erhöhte Koerzitivkraft führte außerdem zu einer größeren Höhenaussteuerbarkeit, was sich gerade bei niedrigeren Bandgeschwindigkeiten positiv auswirkt.
Das Resultat: Mit LH-Bändern läßt sich heute eine erheblich höhere akustische Qualität erreichen. Deutlicher ausgedrückt: Ein LH-Band leistet bei 9,5 cm/s, was früher nur mit 19 cm/s möglich war.
Der neueste Schritt auf diesem Wege sind die sogenannten Profi-Bänder. Bei ihnen konnte die Aussteuerbarkeit hoher und tiefer Frequenzen so weit erhöht werden, daß die bei den bisherigen LH-Bändern maximal erreichten High-Output-Werte jetzt zur untersten Toleranzgrenze gehören. Ferner führt eine neue leitfähige Rückseitenmattierung zu extrem guten Wickeleigenschaften auch für freitragende Wickel auf schnellspulenden Geräten. Diese Bänder mit Eigenschaften, wie sie für alle professionellen Studios notwendig sind, stehen jetzt auch den Amateuren zur Verfügung für ihre hochwertigen Tonbandgeräte.
Im Zusammenhang mit dem Compact-Cassetten-System wird häufig das Chromdioxid herausgestellt, ein magnetisches Pigment des Grundstoffes Chrom, das gegenüber dem Eisenoxid magnetisch noch homogener ist mit einer noch höheren Koerzitivkraft. Bei diesen Kassetten geht es jedoch darum, mit der niedrigen Bandgeschwindigkeit dieses Systems (4,75 cm/s) die gleichen Hi-Fi-Qualitäten zu erreichen wie mit Eisenoxid bei 9,5 cm/s. Theoretisch wäre es möglich, Chromdioxid auch für Spulentonbänder einzusetzen. Aufgrund des um einiges höheren Preises für dieses Oxid und durch dann notwendige Veränderungen an den Geräten würde sich jedoch ein ziemlich ungünstiges Preis/ Leistungs-Verhältnis für dieses Verfahren ergeben. Für Spulentonbandgeräte ist es daher nicht sonderlich interessant. Hier können die gleichen Werte einfacher und billiger mit Eisenoxid und mit einer sehr viel kostengünstigeren, rein mechanisch zu erreichenden entsprechend höheren Bandgeschwindigkeit erreicht werden.
Im Augenblick können sich auch die Fachleute nicht so recht vorstellen, auf welchem der drei Wege es nach dem bisher Erreichten jetzt noch weitergehen könnte. Aber es wird ihnen sicher wieder etwas einfallen... !
 
Tonbandfabrik 1943 Auch das ist Historik: Die Beschichtungsstation in einer Tonbandfabrik im Jahre 1943
aus: FUNKSCHAU 16/1973, Seite 587/588

Herzlichen Dank an die Funkschau für die Erlaubnis, diesen Artikel hier zu veröffentlichen.
 
 
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