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Magnetophon,
das neue Tonaufzeichnungsgerät
der AEG |
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Von Dr. Th. Volk, Apparatefabriken Treptow.
(Sonderdruck aus den AEG-Mitteilungen 1935, Heft 9. ) |
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Ein von der AEG neuentwickeltes Gerät zur magnetischen
Aufzeichnung und Wiedergabe von Ton und Sprache wird beschrieben,
bei dem ein neuartiger Tonträger verwendet wird. Dieser
Tonträger besteht aus einem 6, 5 mm breiten Filmstreifen,
der einseitig mit Eisenpulver versehen ist. |
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Von den drei Arten der Aufzeichnung von Ton und Sprache, dem
Nadelton-, Lichtton- und Magnettonverfahren, ist das letztgenannte
bisher in der Öffentlichkeit kaum bekannt geworden, obwohl
es sich durch besondere Einfachheit
auszeichnet und daher für die Benutzung durch Laien vorzüglich
geeignet ist. Die AEG benutzt deshalb dieses Verfahren für
das von ihr neu entwickelte Tonaufzeichnungsgerät Magnetophon
(Bilder 1 und 2). |
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Bild 1. Magnetophon.
Koffergerät, betriebsfertig. |
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Bild 2. Magnetophon.
Ohne Koffer. |
Das Magnettonverfahren
ist in seinem Grundsatz eine Erfindung von Poulsen:
Die in einem Mikrophon erzeugten elektrischen Stromschwankungen
fließen durch einen Elektromagneten, den Sprechkopf,
durch dessen Feld ein Stahldraht oder Stahlband gleichmäßig
hindurchgezogen wird. Die im Rhythmus der Schwankungen des Mikrophonstromes
erfolgenden Änderungen des Magnetfeldes magnetisieren den
Stahltonträger. Um die auf diese Weise aufgezeichneten
Töne wieder hörbar zu machen, läßt man
den Stahltonträger mit derselben Geschwindigkeit wie bei
der Aufnahme an einem dem Sprechkopf in seiner Form entsprechenden
Hörkopf vorbeigleiten
und macht die durch die verschieden starken Magnetisierungen
des Stahltonträgers im Hörkopf erzeugten Stromschwankungen
durch einen Kopfhörer bzw. Lautsprecher wieder hörbar.
Irgendein mechanisches Abtasten und die damit verbundene Abnutzung
des Trägers, wie sie dem Nadeltonverfahren anhaften, werden
daher vermieden.
Durch das Durchziehen des besprochenen Stahltonträgers
durch ein gleichbleibendes Magnetfeld von bestimmter Stärke
wird das aufgezeichnete Gespräch gelöscht
und damit der Stahlträger wieder für eine neue Aufzeichnung
verwendbar. Das Löschen vollzieht sich bei dem Magnetophon
ohne Verzögerung, d. h. der alte Text wird bei dem Neuaufsprechen
selbsttätig gelöscht.
So vereinigen sich in dem Magnettonverfahren die wesentlichen
Vorzüge der beiden
anderen Verfahren: sofortige Wiedergabe und keinerlei Abnutzung
beim Abhören. Als weiterer wesentlicher Vorzug, der nur
dem Magnettonverfahren eigen ist, kommt die einfache Löschmöglichkeit
hinzu.
Bei der Kostspieligkeit der bisher angewandten Stahltonträger,
des Stahldrahtes und Stahlbandes, wurde auf die wünschenswerte
aktenmäßige Aufbewahrung der Gespräche verzichtet;
die fertigen Gespräche wurden nach Benutzung gelöscht,
damit der kostspielige Stahltonträger für neue Verwendung
zur Verfügung stand. Das bedingte eine starke Einschränkung
des Anwendungsbereiches der Geräte.
Die Frage der Weiterentwicklung und Vervollkommnung der magnetischen
Aufzeichnung ging deshalb in allererster Linie dahin, beide
Forderungen, Wirtschaftlichkeit
und zugleich die Möglichkeit der Aufbewahrung
aller Gespräche, in einem neuen Tonträger zu vereinen.
In folgerichtiger Fortführung des Grundgedankens von Pfleumer,
an Stelle von Stahldraht oder Stahlband ein mit Eisenpulver
bestreutes Papierband zu verwenden, schuf die AEG in mehrjähriger
Entwicklung das Magnetophon und in Zusammenarbeit mit der I.
G. -Farbenindustrie AG. das zugehörige Magnetophonband.
An die Stelle des Stahltonträgers tritt bei dem AEG-Magnetophon
ein schmaler Filmstreifen von 6,5 mm Breite, der einseitig eine
dünne Schicht Eisenpulver trägt. Die Gesamtstärke
des Magnetophonbandes liegt unter
50µ (50/1000 mm). Dieser Tonträger ist naturgemäß
viel leichter als Stahlband; er beansprucht einen Bruchteil
des früher nötigen Platzes. So wiegt z. B. ein Magnetophonband
für ein Gespräch von rund 20 min Dauer etwa 1 kg und
hat bei einer Höhe von 6,5 mm einen Durchmesser von 25
cm. Da auch die Kosten
für das AEG-Magnetophonband nur einen Bruchteil von denjenigen
für Stahldraht oder gar Stahlband ausmachen, so ist bei
dem Magnetophon zum erstenmal die auch wirtschaftlich tragbare
Möglichkeit der laufenden aktenmäßigen Ablage
des gesprochenen Wortes mit ihren Vorteilen gegeben.
Jede, auch die lebhafteste Unterhaltung kann ohne Schwierigkeit
aufgenommen werden, z. B. eine Gerichtsverhandlung, wo jede
Feinheit in der Wiedergabe einer Aussage von außerordentlicher
Tragweite sein kann. Zur Aufnahme von Reden, Interviews, als
Hilfswerkzeug für Schauspieler und Sänger zur Beobachtung
ihrer eigenen Stimme steht das Magnetophon zur Verfügung;
der aufgenommene Klang bleibt jahrzehntelang erhalten. Auf eine
weitere wertvolle Eigenschaft des AEG-Magnetophonbandes sei
hingewiesen, die kein bisher bekannter magnetischer Tonträger
aufweist: das Band kann an beliebiger Stelle zur Abtrennung
besonders interessierender Stellen einer Aufnahme zerschnitten
werden. Ebenso können beliebige, derartig herausgegriffene
Stellen wieder zu einem zusammenhängenden Text zusammengeklebt
werden. In dieser Eigenschaft ist die Ähnlichkeit mit dem
Tonfilmstreifen des Lichttonverfahrens vollkommen: hier wie
dort machen sich die Klebestellen nicht störend bemerkbar.
Wie schon erwähnt, wirkt der von einem Mikrophon erzeugte
Strom auf einen an dem Sprechkopf vorbeigleitenden permanentmagnetischen
Tonträger ein, und in entsprechender Weise wird der aufgezeichnete
Text über Hörkopf und Lautsprecher wiedergegeben.
Das Magnetophon besteht dementsprechend ebenfalls aus den Hauptelementen
Mikrophon mit einem Zweiröhrenverstärker (Bild 3),
einem Teil, der Lösch-, Sprech- und Hörkopf enthält,
und dem dynamischen Lautsprecher in Verbindung mit dem vorerwähnten
Verstärker. Die AEG hat von vornherein Wert darauf gelegt,
die Wiedergabe des Aufgezeichneten durch einen Lautsprecher
zu Gehör zu bringen, um dem unmittelbaren Eindruck des
Sprechenden möglichst nahe zu kommen. |
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Bild 3. Verstärker
und Mikrophon. |
An das Laufwerk, welches das Magnetophonband
am Sprech- bzw. Hörkopf vorbeizieht, werden in bezug auf
gleichmäßigen und ruhigen Lauf besonders hohe Anforderungen
gestellt. Die Schwierigkeiten waren bei der Entwicklung der
Laufeinrichtung noch dadurch gesteigert, daß die Zerreißfestigkeit
des Magnetophonbandes bei seiner geringen Dicke naturgemäß
nicht an die Werte von Stahldraht oder Stahlband heranreicht;
es bedurfte langer Versuche, um das geeignete Laufwerk zu schaffen.
Es ist grundsätzlich so aufgebaut, daß von einem
Spulenteller, der den Vorratsfilm trägt, der Film über
einen Gleichlaufantrieb
während der Aufnahme auf einen gleichen zweiten Spulenteller
mit der Geschwindigkeit von etwa 1 m/s umgespult wird.
Nach der Aufnahme kann das Band jederzeit unter Ausschaltung
des Gleichlaufs mit etwa sechsfacher Geschwindigkeit zurückgespult
werden; anschließend kann die ganze Aufnahme abgehört
werden, wobei die Laufeinrichtung wieder genau so arbeitet wie
bei der Aufnahme, nur daß jetzt der Hörkopf an dem
vorbeigleitenden Magnetophonband anliegt.
Da die Maschine selbsttätig
arbeitet, sind Vorrichtungen angebracht, die das Laufwerk an
den Bandenden oder bei einem der sehr selten auftretenden Bandrisse
stillsetzen; im ersten Falle wird zugleich, ähnlich wie
bei der Schreibmaschine, ein Klingelzeichen gegeben. Um die
Maschine jetzt weiter betreiben zu können, muß eine
Auslösetaste gedrückt werden.
Die Betätigung der notwendigen Schaltungen
für Laufwerk und Verstärker in den drei Stellungen
AUFNAHME, RÜCKLAUF und WIEDERGABE geschieht durch entsprechend
bezeichnete Drucktasten.
Das Abstoppen aus einer dieser Stellungen heraus erfolgt durch
das Drücken der roten HALT-Taste. Alle vier Tasten sind
auf der linken Seite der Deckplatte des Laufwerks eingebaut,
während auf der rechten Seite der schon erwähnte Auslöser,
ein Hauptausschalter zum Unterbrechen der Stromzufuhr zum Laufwerk
und Verstärker sowie eine Drucktaste mit der Bezeichnung
VORLAUF angebracht sind. Diese Taste dient dazu, den Film in
Aufnahme- oder Wiedergaberichtung mit größerer Geschwindigkeit
ablaufen zu lassen, um irgendeine Stelle einer Aufnahme sehr
schnell aufzufinden. Über dem Filmvorratsteller ist ein
schwenkbares Lineal mit einem herausnehmbaren Papierstreifen
angeordnet, auf dem Hinweise auf bestimmte Stellen angebracht
werden können.
In manchen Fällen wird es notwendig sein, Laufwerk und
Verstärker außerhalb des Aufnahmeraumes unterzubringen.
Für diesen Fall ist am Mikrophon ein Schalter angebracht,
durch dessen Betätigung das Laufwerk in Betrieb gesetzt
oder angehalten werden kann. Dort ist ferner eine Anzeigevorrichtung
angeordnet, an der während des Betriebes jederzeit der
Bandvorrat bzw. der Bandverbrauch abgelesen werden kann. Dieselbe
Vorrichtung zeigt nach Drücken einer besonderen Taste am
Mikrophongehäuse die Aufsprechlautstärke, während
durch einen kleinen Schalter am Mikrophongehäuse die Empfindlichkeit
des Mikrophons in zwei Stufen geändert werden kann. Dadurch
ist die Möglichkeit gegeben, in gewissen Grenzen sich der
jeweiligen Aufsprechamplitude anzupassen.
Das Mikrophon selbst ist ein hochwertiges Kohlemikrophon,
das im allgemeinen aus ½... 2 m Entfernung besprochen
wird. In Räumen mit großem Nachhall wird man zweckmäßig
aus geringerer Entfernung mit kleiner Mikrophonempfindlichkeit
aufsprechen, während man in gut gedämpften Räumen
unter Erhöhung der Mikrophonempfindlichkeit den Abstand
vom Mikrophon vergrößern kann. In besonderen Fällen,
z. B. bei Gerichtsverhandlungen, können mehrere
Mikrophone benutzt werden. Die vorgesehenen Empfindlichkeitsstufen
sind so gewählt, daß sie für alle praktisch
vorkommenden Fälle ausreichen.
Den Bedürfnissen der verschiedenen Anwendungsgebiete entsprechend
bringt die AEG das Magnetophon in zwei
Ausführungsformen auf den Markt: als tragbares Koffergerät
und als fahrbaren Magnetophonschrank. Beide Formen sind in den
Leistungen gleichwertig, in ihrer Anwendung und Bedienung aber
etwas verschieden.
Während sich die Koffereinrichtung vorzugsweise für
die Aufnahmen von Reden, Interviews, Gerichtssitzungen, Verhören,
Rundfunkreportagen an wechselnden Orten eignet, ist das Schrankgerät
mehr für den Bürogebrauch gedacht. Beide Maschinen
sind sowohl für Aufnahme als auch für Wiedergabe eingerichtet.
Bei dem Schrankgerät sind Laufwerk, Verstärker und
Lautsprecher in einem fahrbaren Gehäuse vereinigt, bei
der anderen Bauart befindet sich das Laufwerk in einem Koffer,
Verstärker, Mikrophon, Prüf-Kopfhörer und die
notwendigen Verbindungsschnüre sind in einem zweiten Koffer
untergebracht, während im Bedarfsfall ein dritter Koffer
den Lautsprecher aufnimmt. Im Verstärkerkoffer werden für
den Transport die beiden Spulenteller des Laufwerks aufbewahrt,
während im Lautsprecherkoffer Platz zur Unterbringung von
fünf Vorratsfilmen zu je 1500 m vorgesehen ist.
Das Magnetophon ist vorläufig zum Anschluß an Lichtnetze
von 220 V Wechselstrom vorgesehen. |
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