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                | HiFi Stereophonie 
                  1977: |  |   
                | 100 Jahre Schallaufnahme |  |   
                | Das Jahr 1977 steht im 
                  Zeichen der Jahrhundertfeier für den Phonographen, der 
                  1877 von seinem Erfinder Thomas Alva Edison in die Welt gesetzt 
                  worden war. Für die Menschheit brach damit ein neues Zeitalter 
                  an, denn was der Lügenbaron von Münchhausen mit eingefrorenen 
                  Klängen in seinem Posthorn bis dato als brillante Flunkerei 
                  aufgetischt hatte, war nun Wirklichkeit geworden. Edisons Sprechmaschine 
                  war geeignet, Schallschwingungen jeglicher Art aufzubewahren. 
                  Es begann die Geschichte der Schallaufnahmetechnik, die zu einem 
                  der schillerndsten Industriezweige führen sollte. Über 
                  den Phonographen und zur Erfindung der Schallplatte ist in diesem 
                  Jubeljahr viel geschrieben worden. Die nachfolgenden Entwicklungen, 
                  die schließlich zur Elektroakustik, zur Rundfunktechnik 
                  und anderen Fachgebieten geführt haben, blieben weitgehend 
                  unberücksichtigt. In der hier beginnenden Serie soll die 
                  Geschichte einiger elektroakustischer Geräte, wie die des 
                  Magnetophons und des Studiomikrophons, behandelt werden, wobei 
                  allerdings kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden 
                  kann. |  |   
                | 1. Entwicklung desTonbandgerätes
 
 Am 12. August jährte sich zum hundertsten Male der Tag, 
                  an dem es erstmals gelang, Schallschwingungen auf einem walzenförmigen 
                  Tonträger zu konservieren. Dieses Kunststück brachte 
                  der geniale Erfinder Thomas Alva Edison (1847-1931) fertig, 
                  der sich damals ausgiebigen Studien der Akustik gewidmet hatte. 
                  Die Sprechmaschine, von ihm "Phonograph" genannt, 
                  brachte ihrem Erfinder in der alten und neuen Welt einen Achtungserfolg 
                  ein, mehr aber auch nicht. Ähnlich erging es dem Deutsch-Amerikaner 
                  Emil Berliner (1851-1929), der ein Jahrzehnt später das 
                  "Grammophon" kreierte, einen Apparat, bei dem die 
                  Schallschwingungen in runde Scheiben eingraviert wurden. Berliner 
                  konnte jedoch in den folgenden Jahren sein Verfahren - wozu 
                  auch eine rationelle Vervielfältigungstechnik seiner Grammophonplatten 
                  zu rechnen ist - so weit verbessern, daß es sehr bald 
                  in kommerzieller Hinsicht interessant wurde.
 Es ist weithin unbekannt geblieben, daß das heute so populäre 
                  magnetische Schallspeicherverfahren fast ebenso alt ist wie 
                  Schallplatte und Phonographenwalze. Erste Hinweise findet man 
                  bereits in der amerikanischen Zeitschrift "The Electrical 
                  World" aus dem Jahre 1888, in der ein gewisser Oberlin 
                  Smith theoretische Überlegungen anstellte [1], Der experimentelle 
                  Nachweis mit einem "tönenden Draht" stammte von 
                  Valdemar Poulsen (1869-1942), einem jungen Techniker der Kopenhagener 
                  Telegraphen-Gesellschaft, der heute allgemein als Vater der 
                  magnetischen Aufzeichnung gilt (Bild 1).
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                |  | 1 Valdemar Poulsen 
                  (1869-1942), der Erfinder der magnetischen Schallaufzeichnung |   
                | Er wies zunächst an einer 1,50 Meter langen 
                  gespannten Klaviersaite nach, daß man diese mit einem 
                  daran entlanggeführten Elektromagneten magnetisch "beschriften" 
                  kann, wenn der Magnet mit einem betönten Mikrophon verbunden 
                  wird. Diese Schallschrift konnte mit einem Telefonhörer 
                  anstelle des Mikrophons wieder hörbar gemacht werden. Eine 
                  praktikable Ausführung entstand im Jahre 1898. Hierbei 
                  führte Poulsen einen Elektromagneten parallel zur Achse 
                  einer mit einem langen Draht gewindeartig bespulten Walze mit, 
                  wobei die Pole des Magneten die einzelnen Drahtwindungen umfaßten 
                  (Bild 2). Der Erfinder beschrieb sein Verfahren in den Annalen 
                  der Physik im Jahre 1900 [2]; er ging auch auf die Klangqualität 
                  ein und vermerkte: "... hat die wiedergegebene Rede eine 
                  besondere Reinheit und Klarheit ohne lästigen Beilaut. 
                  Die... Apparate geben nicht nur, was gesprochen und gesungen 
                  wird, außerordentlich korrekt wieder, sondern was auch 
                  in das Mikrophon geflüstert wird; selbst der schwache Laut 
                  des Atemzuges kann wiedergegeben werden. " Valdemar Poulsen nannte seine Erfindung "Telegraphon". 
                  Die eigentümliche Bezeichnung rührt wohl daher, weil 
                  er Anwendungen im Fernsprechbereich für möglich hielt. 
                  Das Telegraphon wurde 1900 auf der Pariser Weltausstellung gezeigt, 
                  wo es große Bewunderung erregte und den Grand Prix erhielt. 
                  Dort wurde es auch dem greisen Kaiser Franz-Joseph von Österreich 
                  vorgeführt, der sich auf einer erhalten gebliebenen Aufnahme 
                  sehr lobend über den Apparat ausgesprochen hat [3].
 
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                |  | 2 Das erste magnetische 
                  Schallaufzeichnungsgerät, das Telegraphon aus dem Jahre 
                  1898 von Valdemar Poulsen. Rechts im Vordergrund das Mikrophon 
                  zum Besprechen, links zwei der damals üblichen Telefonhörer 
                  zum Abhören der Aufnahme |   
                | In den folgenden Jahren wurden noch andere Ausführungen 
                  gebaut und erprobt (auch in Deutschland von Mix und Genest), 
                  wobei man den Draht - wie beim heutigen Prinzip - von einer 
                  Spule auf eine zweite wickelte. Außerdem experimentierte 
                  Poulsen mit 3 mm breiten und 0,05 mm dicken Stahlbändern 
                  und wies auf den dabei möglichen Kopiereffekt hin. Die 
                  Bandgeschwindigkeit betrug etwa 2 Meter pro Sekunde. Zum Teil 
                  waren diese Entwicklungen als Diktiergeräte konzipiert, 
                  die bereits mit einer Fernbedienung ausgerüstet waren (Patent 
                  1906 [4]). Ein solcher Apparat wurde während des Zweiten 
                  Weltkrieges von den damals recht ahnungslosen Amerikanern für 
                  militärische Zwecke nachgebaut, zu einer Zeit also, als 
                  in Deutschland das AEG-Magnetophon mit seiner heute gültigen 
                  Technik bereits vorhanden war. Jedoch, wir wollen dem Gang der 
                  Entwicklung nicht vorgreifen. Das Telegraphon verschwand nämlich für fast zwanzig 
                  Jahre in der Versenkung, denn obwohl Poulsen von Anfang an sehr 
                  richtig erkannt hatte [2], daß man mit Hilfe eines Gleichstromanteils 
                  einen günstigen Arbeitspunkt auf der Magnetisierungskennlinie 
                  benötigte, fehlten der damaligen Technik noch jegliche 
                  elektronische Hilfsmittel und ausreichende Fertigungstechnologien 
                  für die Herstellung der Köpfe und des Antriebs. Sprache 
                  und Musik klangen keineswegs in "besonderer Reinheit und 
                  Klarheit", wie Poulsen es im ersten Überschwang und 
                  wohl auch im Vergleich zur damals noch recht primitiven Nadeltontechnik 
                  Emil Berliners und Edisons gerühmt hatte. Deutlich waren 
                  Verzerrungen hörbar und außerdem ein Rauschen, das, 
                  wie wir heute wissen, von der Gleichfeldmagnetisierung verursacht 
                  wurde. Der Däne widmete sich neuen, aktuelleren Problemen; 
                  er beschäftigte sich mit der Erzeugung ungedämpfter 
                  elektrischer Schwingungen und überließ es anderen, 
                  die Magnettontechnik voranzutreiben.
 Nach dem Ersten Weltkrieg griff man an mehreren Orten das Telegraphon-Prinzip 
                  wieder auf. Man sah darin eine Möglichkeit, den stummen 
                  Kinofilm zu tönendem Leben zu erwecken, was sich allerdings 
                  als nicht zukunftsträchtig erwies. In diesem Zusammenhang 
                  müssen die Namen von Curt Stille, Joseph O'Neill und nicht 
                  zuletzt von Carlson und Carpenter erwähnt werden, die bereits 
                  1927 in Amerika die Hochfrequenz-Vormagnetisierung erprobten. 
                  Der deutsche Physiker Stille, der 1923 das elektromagnetische 
                  Plattenschneideverfahren in Europa eingeführt hatte, beschäftigte 
                  sich besonders intensiv mit der Magnettontechnik. Seine Entwicklungsergebnisse 
                  gingen 1930 an Blattner und später an die englische Marconi-Wireless 
                  Telegraph Co. Ltd. über. Diese Firma fertigte für 
                  die BBC einige Stahlbandmaschinen, die einen Frequenzbereich 
                  von 100 bis 5000 Hz bei einer Laufgeschwindigkeit von 1,50 Meter 
                  pro Sekunde aufwiesen. In Deutschland wurde die Stahltonmaschine 
                  von C. Lorenz bekannt, die ebenfalls im Rundfunk eingesetzt 
                  wurde. Die Bänder waren 3 mm breit, die Aufnahmedauer betrug 
                  immerhin 30 Minuten. Leider waren die Stahlbänder recht 
                  unhandlich. Bandrisse mußten mit dem Schweißbrenner 
                  behoben werden, was an der Verbindungsstelle unliebsame Nebengeräusche 
                  hinterließ.
 Der Dresdener Ingenieur Fritz Pfleumer arbeitete fast gleichzeitig 
                  mit Papierbändern, die er mit feinen Stahlspänen beschichtet 
                  hatte. Diese Methode erwies sich als so aussichtsreich, daß 
                  sich die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG) dafür 
                  zu interessieren begann. Mittlerweile war auch die Elektronik 
                  so weit gediehen, daß für die notwendige Spannungsverstärkung 
                  keine Probleme mehr bestanden. Zudem verfügte man jetzt 
                  über halbwegs brauchbare Mikrophone und Lautsprecher, denn 
                  inzwischen war der Rundfunk und der Tonfilm geboren worden. 
                  Sie beide haben eine zielstrebige Verbesserung der bestehenden 
                  Schallwandler ausgelöst. Die Badischen Anilin- und Soda-Fabriken 
                  wurden beauftragt, eine Kunststoff-Folie zu entwickeln und herzustellen, 
                  die anstelle des empfindlichen Pfleumerschen Papierträgers 
                  verwendet werden konnte. Die Ludwigshafener Firma im damaligen 
                  IG-Farben-Konzern fand eine solche Folie auf der Basis der Azetylzellulose 
                  und sorgte im übrigen für die gleichmäßige 
                  Beschichtung, wobei man zu dem besonders vorteilhaften braunen 
                  Gammaeisenoxid übergegangen war. 1934 konnten die ersten 
                  50000 Meter Tonband ausgeliefert werden.
 Bei der AEG war inzwischen der Prototyp eines Magnetbandgerätes 
                  herangereift, das unter der Bezeichnung "Ferroton" 
                  auf der Funkausstellung gezeigt werden sollte. Wegen technischer 
                  Schwierigkeiten vertagte man die Demonstration um ein Jahr. 
                  1935 schließlich präsentierte die AEG unter dem neuen, 
                  noch heute firmengeschützten Namen "Magnetophon" 
                  ihr erstes Magnetbandgerät mit der Typenbezeichnung K 1, 
                  das mit einer Bandgeschwindigkeit von 1 Meter pro Sekunde betrieben 
                  wurde (Bild 3 und 4).
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                |  | 3 AEG-Magnetophon 
                  K 1 mit drei Tonköpfen, drei Motoren und Drucktastensteuerung, 
                  das 1935 erstmals auf der Berliner Funkausstellung vorgestellt 
                  wurde |   
                |  | 4 Zeitgenössisches 
                  Prinzipschaltbild des Magnetophons |   
                | Die Spieldauer eines Tausend-Meter-Bandwickels 
                  betrug fast 17 Minuten, der Frequenzgang verlief von 50 bis 
                  6000 Hz linear dank neuartiger Ringköpfe von Schüller. 
                  - Bereits damals wurde nicht nur die Breite des Tonbandes mit 
                  6,35 mm festgelegt (nach dem Krieg geringfügig auf 6,25 
                  mm reduziert), sondern auch der Kopfträger in der Weise 
                  angeordnet, daß die Magnetschicht nach außen zeigen 
                  muß. Die "deutsche Schichtlage" hat sich heute 
                  nur noch bei den einheimischen Laufwerken der Rundfunk-und Studiotechnik 
                  gehalten. Alle ausländischen Maschinen sowie die Heimgeräte 
                  (auch die deutschen) arbeiten mit der "internationalen 
                  Schichtlage", d. h. also Schicht nach innen. Ein drittes 
                  Merkmal, das noch heute im Studiobereich vorherrschend ist, 
                  geht ebenfalls auf das alte K-1-Konzept zurück: Schon damals 
                  wurden freitragende Bandwickel verwendet. Das Band wird hierbei 
                  nicht auf Flanschspulen, sondern auf scheibenförmige Wickelkerne 
                  gespult. Das ermöglicht ein schnelles Handhaben der Bänder, 
                  z. B. beim Einfädeln, Schneiden und Kleben (Bild 5). 
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                |  | 5 Cut-Arbeiten 
                  am AEG-Studio-Tonbandkoffer B 2 im Südwestfunk 1948. Man 
                  beachte die dazu notwendigen Utensilien im Vordergrund: Taschenmesser 
                  und Fläschchen mit dem flüssigen Klebstoff |   
                | Im folgenden Jahr, am 19. November 1936, wurde 
                  im Ludwigshafener Feierabendhaus zum erstenmal ein öffentliches 
                  Konzert auf Band genommen, in dem die Londoner Philharmoniker 
                  unter Sir Thomas Beecham spielten. Wenn man die erhalten gebliebenen 
                  Aufnahmen heute anhört, wird einem bewußt, mit welchen 
                  Mängeln die damalige Magnettontechnik noch behaftet war, 
                  wobei allerdings auch die jahrzehntelange Alterung der noch 
                  keineswegs optimalen Tonbänder zu berücksichtigen 
                  ist [6]. Der Arbeitspunkt wurde noch wie bei Poulsens Telegraphon 
                  mit einem magnetischen Gleichfeld fixiert. Auch der Löschvorgang 
                  geschah auf diese Weise, wodurch ein hoher Rauschpegel hervorgerufen 
                  wurde. Trotz aller Schwierigkeiten interessierte sich aus naheliegenden 
                  Gründen der Rundfunk für das Magnetophon. Die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft 
                  (RRG) verwendete für ihre Schallaufnahme Wachs- und Decelithplatten, 
                  die wegen der starken Abnutzung nur wenige Male abgespielt werden 
                  durften [7]. Für Hörspielaufnahmen hatte sich das 
                  vom Tonfilm bekannte Lichttonverfahren eingebürgert [8], 
                  das wegen der Klangqualität ebenfalls unbefriedigend war. 
                  In den Jahren 1937/38 wurde das Magnetband für Reportagen 
                  etc. eingeführt; hierbei bewährte sich die Möglichkeit, 
                  uninteressante Passagen aus dem Band herausschneiden zu können. 
                  Zudem konnte die Aufnahme sofort nach der Aufzeichnung wiedergegeben 
                  werden; bereits bespielte Bäner ließen sich für 
                  Neuaufnahmen wieder verwenden. Für Musikeinspielungen reichte 
                  die Qualität allerdings noch nicht aus; hier blieb man 
                  bei Live-Übertragungen oder beim Plattenschnitt, der jedoch 
                  wegen der begrenzten Spieldauer von 4,5 Sekunden auch problematisch 
                  war. Die Schallplattenindustrie zeigte sich bis Ende des letzten 
                  Krieges gänzlich uninteressiert am magnetischen Aufzeichnungsverfahren. 
                  Auch hier hielt man an der bisherigen Technik mit dem direkten 
                  Schnitt der Matrize fest. Das Magnetophon ließ sich also 
                  nur begrenzt einsetzen. Um so mehr experimentierte man in den 
                  Labors der Industrie und des Rundfunks damit. Schon damals versuchte 
                  man sich z. B. mit stereophonen Aufzeichnungen. Mehr aus Zufall 
                  wurde im Jahre 1940 bei all diesen Experimenten durch J. von 
                  Braunmühl und W. Weber bei der RRG eine neue Art der Vormagnetisierung 
                  entdeckt, als ein Aufnahmeverstärker ungewollt auf einer 
                  hohen Frequenz zu schwingen begann. Das Ergebnis offenbarte 
                  sich in einer nahezu rausch- und verzerrungsfreien Aufnahme. 
                  Nach Erforschung und Optimierung dieses Effektes wurde die sogenannte 
                  Hochfrequenz-Vormagnetisierung eingeführt, die sich bis 
                  zum heutigen Tag bestens bewährt hat [9]. Auch das Löschen 
                  der Bänder geschieht seitdem mit einem hochfrequenten Magnetfeld, 
                  bei dem die magnetisch aktive Schicht des Tonbandes in einen 
                  quasi- jungfräulichen Zustand zurückgeführt wird. 
                  Die Bandgeschwindigkeit konnte auf 76 cm pro Sekunde gesenkt 
                  werden.
 Diese bahnbrechende Entwicklung, die das Magnettongerät 
                  erfahren hatte, ging in dem damals von aller Welt isolierten 
                  Deutschen Reich nahezu unbemerkt vor sich. Die Alliierten entdeckten 
                  bei der Besetzung von Radio Luxemburg drei der damaligen Magnetophone 
                  und wunderten sich von Stund an nicht mehr über die liveartige 
                  Tonqualität der Hitler-Reden, die fast den ganzen Tag in 
                  den Äther geschickt worden waren.
 Im weiteren Verlauf, vor allem in der Zeit nach dem Zweiten 
                  Weltkrieg, eroberte sich das Tonband rasch die neuerstandenen 
                  Funkhäuser und Schallplattenstudios (Bild 5). Natürlich 
                  zeigte auch das Ausland reges Interesse. Es dauerte nicht lange, 
                  da wurden in der Schweiz, in Dänemark, dem Ursprungsland 
                  der Magnettontechnik, und nicht zuletzt in den Vereinigten Staaten 
                  ähnliche Magnetbandgeräte hergestellt. Auch die Tonbandfertigung 
                  blieb nicht allein auf die Ludwigshafener BASF beschränkt. 
                  Der Siegeszug dieses bequemen Speicherverfahrens war unaufhaltsam. 
                  Mitte der fünfziger Jahre konnte die Bandgeschwindigkeit 
                  unter Beibehaltung der Tonqualität halbiert werden; seitdem 
                  gilt 38 cm pro Sekunde als Studiostandard.
 Nach der Währungsreform war man fertigungstechnisch so 
                  weit vorangeschritten, daß die Industrie auch für 
                  den Hausgebrauch leichte Tonbandgeräte anbieten konnte. 
                  Sie wurden in Halbspurtechnik mit einer Bandgeschwindigkeit 
                  von 19 cm pro Sekunde betrieben. Die BASF entwickelte dazu ein 
                  speziell es Tonband, das 1950 auf der Düsseldorfer Funkausstellung 
                  gezeigt wurde. Die weitere Entwicklung der Heimgerätetechnik 
                  ist bekannt, sie sei hier in einigen Stichworten markiert:
 
 1952 Bandgeschwindigkeit 9,5 cm/s
 1953 erstes Langspielband (35 µm)
 1954 Bandgeschwindigkeit 4,75 cm/s
 1957 Bandgeschwindigkeit 2,38 cm/s
 1958 erstes Doppelspielband (26 µm)
 1959 Viertelspurtechnik, Stereo-Betrieb 1961 Dreifachspielband 
                  (18 µm)
 1963 Kompaktkassette
 1965 Low-Noise-Bänder
 1971 Chromdioxidbänder
 1975 Ferrochrombänder
 
 In gerätetechnischer Hinsicht konnten in den vergangenen 
                  vier Jahrzehnten seit Bestehen des K-1-Magnetophons mancherlei 
                  Fortschritte verzeichnet werden. Viele Probleme, vor allem die 
                  des konstanten Bandtransports, sind gelöst worden. Seit 
                  Beginn der sechziger Jahre hat sich die Transistorisierung auch 
                  in diesem Bereich durchgesetzt, und in jüngster Zeit gewinnt 
                  die elektronische Laufwerksteuerung immer mehr an Boden. In 
                  Japan wurden in den letzten Jahren Wege gezeigt, wie man mit 
                  Hilfe einer Analog-Digitalwandlung die Dynamik und das Impulsverhalten 
                  bei der Bandaufzeichnung hoch wesentlich steigern kann [11]. 
                  Schließlich hat sich das Magnetband auch in anderen Anwendungsgebieten 
                  verdient gemacht, wenn wir an die Aufzeichnung von Video-Signalen 
                  (MAZ) und die Datenspeicherung in der Computertechnik denken.
 Die Magnetbandaufzeichnung hat - verglichen mit anderen technischen 
                  Errungenschaften - eine recht lange Entwicklungszeit hinter 
                  sich gebracht. Nichtsdestoweniger hat sie mit dazu beigetragen, 
                  unsere Umwelteinflüsse zu verändern und unser Leben 
                  in akustischer und visueller Hinsicht zu bereichern, von der 
                  revolutionierenden Umwälzung, die durch die EDV über 
                  uns hereingebrochen ist, ganz zu schweigen. Valdemar Poulsen 
                  selbst, der ja erst 1942 starb, hat dies nicht absehen können, 
                  als er seine Experimente an einer harmlosen Klaviersaite vor 
                  fast achtzig Jahren vornahm.
 Claus Römer
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                |  | 6 Tonbandfabrik 
                  1938. Eine kombinierte Folienzieh- und Tonband-Gießmaschine, 
                  gebaut von der Firma Koebig in Radebeul bei Dresden |   
                | Quellenhinweise 
 
                    
                      | [1] | Oberlin Smith: Some Possible Forms of 
                        Phonograph, in: The Electrical World (1888) |  
                      | [2] | V. Poulsen: Das Telegraphon. Annalen Phys. 
                        Band 3, S. 754 (1900) |  
                      | [3] | Tonaufnahme von Kaiser Franz-Joseph (1900). 
                        Technisches Museum für Industrie und Gewerbe, Wien |  
                      | [4] | AES-Print zur Ausstellung der 47. Convention 
                        in Kopenhagen (1974) |  
                      | [5] | v. Braunmühl und Weber: Einführung 
                        in die angewandte Akustik. Verlag S. Hirzel (1936) |  
                      | [6] | Tonaufnahme des Symphoniekonzertes in 
                        Ludwigshafen (1936). BASF, Ludwigshafen |  
                      | [7] | Schadwinkel: 50 Jahre Hörrundfunk. 
                        Rundfunktechnische Mitteilungen 1, S. 31 (1974) |  
                      | [8] | Goebel: Der Deutsche Rundfunk. Archiv 
                        für das Post- und Fernmeldewesen (dort weitere Literaturhinweise) 
                        Nr. 6, S. 353 (1950) |  
                      | [9] | v. Braunmühl und Weber: DRP 743 411 
                        vom 28. 7. 1940 |  
                      | [10] | Snel:Magnetische Tonaufzeichnung. Philips 
                        Technische Bibliothek (1959) |  
                      | [11] | Römer: PCM-Platten, ein Fortschritt? 
                        HiFi-Stereophonie Nr. 7, S. 804 (1977) |  |  |   
                | aus: HiFi Stereophonie 11/1977 
                  Seite 1544 ff. |  |  |