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Marcel Siegenthaler, Ernst Mathys |
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FM-Stereo-Tuner
mit ungewöhnlicher Schaltung |
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Der hier beschriebene Tuner zeichnet sich durch einen beträchtlichen
Aufwand aus, denn der Hersteller wollte ein Gerät schaffen,
das alle qualitätsbestimmenden Schaltungsmöglichkeiten
restlos ausnutzt. |
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Ausgehend von der Wichtigkeit der Kriterien, die
für störungsfreien FM-Stereoempfang von Bedeutung
sind, wurde bei der Entwicklung des FM-Stereo-Tuners A 76 besonderer
Wert auf folgende Eigenschaften gelegt: hohe Nebenwellenunterdrückung,
hohe Trennschärfe, geringe Modulationsverzerrungen, große
Demodulator- und Begrenzerbandbreite, stabile und interferenzfreie
Stereo-Decodierung, gute Störimpulsunterdrückung,
große Empfindlichkeit. Hf-Eingangsteil
und Zf-Teil |
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Bild 1. Schaltung
des Hf-Eingangsteiles des Revox-Tuners A 76 |
Das Antennensignal gelangt von den 60-Ohm- oder
240-Ohm-Anschlüssen über einen Symmetrierübertrager
(Balun) zur abgestimmten Hf-Vorstufe (Bild 1). Der Balun bewirkt
eine gute Unterdrückung von asymmetrischen Störungen
am 240-Ohm-Eingang. Die Hf-Vorstufe und die Mischstufe sind
mit Feldeffekttransistoren (Dual Insulated-Gate FET) versehen.
Hf-Vorkreis, Hf-Bandfilter und Oszillator werden mit einem Vierfachdrehkondensator
abgestimmt. Dadurch ergibt sich eine gute Hf-Selektion vor der
Mischstufe. In Verbindung mit den Feldeffekttransistoren entsteht
eine hohe Nebenwellenunterdrückung (gutes Großsignalverhalten)
bei hoher Empfindlichkeit.
Die Hf-Vorstufe wird bei großen Eingangssignalen (>10
mV) geregelt. Zur Regelspannungserzeugung dient die Diode D
104. Der Lokaloszillator besitzt als aktives Element einen Differentialverstärker
mit den Transistoren T103 und T104. Auf eine automatische Frequenzkorrektur
(AFC) wurde verzichtet, da sich die Instabilität einer
solchen Korrektur (beim Empfang eines schwach einfallenden Senders
neben einem starken Sender) nachteilig auswirkt. Die Frequenzdrift
des Oszillators wird durch sorgfältige Stabilisierung klein
gehalten. |
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Bild 2. Schaltung
des Zwischenfrequenzverstärkers |
Der Mischtransistor T 102 (FET) bildet zusammen
mit dem Treibertransistor T 201 in Basisschaltung eine Kaskodenstufe
(Bild 2). Die Kopplung erfolgt über den Primärkreis
von L 106. Die Kaskodenschaltung sichert eine rückwirkungsarme
Impedanzanpassung an das Zf-Filter. Im Interesse möglichst
konstanter Übertragungseigenschaften sind Zf-Filter und
Zf-Verstärker vollständig getrennt. Die gesamte Selektion
(in einem passiven Filter vor dem Zf-Verstärker konzentriert)
ist vollkommen unabhängig von der Signalstärke bzw.
dem Begrenzungseinsatz. Das Filter besteht aus acht abgestimmten
Kreisen und besitzt eine Amplitudencharakteristik die sich über
±120 kHz an die Gaussche Fehlerkurve annähert (Bild
3). In diesem Bereich bleibt die Gruppenlaufzeit konstant (Bild
4), so daß sich das Filter durch besonders niedrige Modulationsverzerrungen
auszeichnet. |
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Bild 3. Amplitudencharakteristik
des passiven Gauß-Zf-Filters |
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Bild 4. Gruppenlaufzeit
des passiven Gauß-Zf-Filters |
Der nachgeschaltete Zf-Verstärker enthält
fünf integrierte Schaltungen (IS), die aus symmetrischen
Differentialverstärkern bestehen. Die Hauptmerkmale dieser
Konzeption sind große Bandbreite und gute Begrenzereigenschaften.
Die Begrenzung der letzten Zf-Stufe ist bereits beim Eigenrauschen
des Tuners voll wirksam (ohne Eingangssignal), so daß
das Nf-Ausgangssignal (für gleichen Hub) schon ab kleinsten
Antennenspannungen (1 µV) konstant bleibt (Bild 5). Durch
die ungewöhnlich große Bandbreite von 5 MHz (inklusive
Demodulator) und die gute Begrenzung wird das Übernahmeverhältnis
niedrig gehalten. |
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5. Nf-Signal-Rauschabstand
Mono-Stereo |
Für die Signalstärkeanzeige werden nach
der ersten, zweiten und dritten Zf-Stufe an den Dioden D 201,
D 202 und D 203 pegelabhängige Gleichströme ausgekoppelt.
Die Addition dieser Ströme bewirkt eine pseudologarithmische
Anzeige, die eine Beurteilung der Signalstärke von wenigen
µV bis etwa 10 mV zuläßt.
Für die Abstimm-Mittenanzeige zweigt in der vierten Zf-Stufe
ein Signal zu einem separaten Schmalbanddetektor (Anzeigeteil)
ab. Die letzte Zf-Stufe kann für die Rauschunterdrückung
und die Stummabstimmung vom variablen Trigger (Anzeigeteil)
in Abhängigkeit der Signalstärke gesperrt werden.
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Bild 6. Schaltung
des Demodulatorteiles |
Die FM-Demodulation erfolgt in einem Leitungsdemodulator
[Bild 6). Dieser besteht aus einer Treiberstufe mit dem Differentialverstärker
T 301 bis T 303, zwei koaxialen Verzögerungskabeln (mit
einer elektrischen Länge von Lambda / 8 der Zwischenfrequenz)
als Lastwiderstand und einer Gleichrichterschaltung D 301 /
D 302. In der Anordnung wandelt die frequenzabhängige Impedanz
der Leitungsstücke, von denen das eine am Ende kurzgeschlossen
(C 308) und das andere offen ist, die FM in eine AM um.
Der Leitungsdemodulator besitzt die große Bandbreite von
5 MHz bei guter Linearität. Im Zusammenwirken mit dem breitbandigen
ZF-Verstärker entsteht ein Übernahmeverhältnis
(capture ratio) von 1 dB, was eine ausgezeichnete Gleichwellenselektion
ergibt. Die Arbeitsweise des Leitungsdemodulators ist völlig
unkritisch, da Hf-Abgleichelemente fehlen. Für die AM-Unterdrückung
ist nur die Begrenzung im Zf-Verstärker maßgebend.
Das Multiplexsignal wird am Trimmpotentiometer P 301 ausgekoppelt
und durch ein RC-Netzwerk von der Zwischenfrequenz befreit.
Die Ausgangsspannung des Demodulators beträgt etwa 15 mV
(bei 75 kHz Hub), sie wird im Multiplexverstärker T 304
bis T 306 auf etwa 1 V verstärkt.
Hilfsträgerregeneration |
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Bild 7. Die Hilfsträgerregeneration |
Die Hilfsträgerregeneration ist durch einen
ungewöhnlich hohen Aufwand gekennzeichnet (Bild 7). Den
38-kHz-Hilfsträger erzeugt eine Schwungradschaltung (phase
locked loop). Ein Oszillator mit dem Differentialverstärker
T 405 und T406 als aktives Element erzeugt eine Frequenz von
76 kHz. Diese wird nach der Pulsformung in einem integrierten
Frequenzteiler IS 401 mit dem Teilerverhältnis 1:2:4 geteilt.
Die resultierende Frequenz von 38 kHz (Hilfsträger) steuert
den Multiplex-Schaltdemodulator. Die gute Symmetrie der Schaltfrequenz
unterdrückt auch ohne spezielles 67-kHz-Sperrfilter den
SCA-Kanal (Hintergrundmusik, in den USA üblich) in hohem
Maß.
Die 19-kHz-Frequenz gelangt vom Frequenzteiler zu einer Phasenvergleichsstufe
(Differentialverstärker T 403 und T 404). In einem breitbandigen
Filter wird die Pilotfrequenz aus dem Multiplexsignal ausgefiltert
und über den Differentialverstärker T 401 / T 402
ebenfalls der Phasenvergleichsstufe zugeführt. Das Bandfilter
besitzt eine gute Phasenstabilität und bewirkt ein Drehen
der Pilotphase um 90 Grad. Störkomponenten des Pilottones
werden durch einen 15-Hz-Tiefpaß (R 409/C 408/ R 410)
von der Nachstimmschaltung (Kapazitätsdioden D 402) des
76-kHz-OsziIlators ferngehalten. Diese Anordnung wirkt wie ein
schmalbandiges Pilotfilter mit einer Bandbreite von ±15
Hz. Die Vorspannung für die Kapazitätsdioden wird
an der Z-Diode D 401 gewonnen.
Diese Art der Hilfsträgererzeugung hat zusätzlich
noch den Vorteil, daß Amplitudenschwankungen des Pilottones,
hervorgerufen durch Mehrweg-empfangsstörungen, keinen Einfluß
auf die Stabilität des Hilfsträgers haben.
Multiplex-Decoder |
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Bild 8. Schaltung
des Multiplex-Decoders |
Der Multiplex-Decoder (Bild 8} arbeitet nach dem
Trennverfahren. Die Aufspaltung des Multiplexsignals erfolgt
für den Hauptkanal im Tiefpaßnetzwerk R 508/C 504/R
509 und für den Hilfskanal im 38-kHz-Bandpaß L 501/C
501/R 502.
Das Hilfssignal wird in der Stufe T 501 verstärkt und in
T 503 und T 504 schaltdemoduliert. Die Schaltdemodulation wurde
gewählt, weil diese im Gegensatz zur Hüllkurvendemodulation
nur Störfrequenzen in den Hörbereich transponiert,
die im Bereich der ungradzahligen Vielfachen des Hilfsträgers
liegen. Die erste kritische Stelle liegt somit bei 114 kHz,
welche die Deemphasis im 38-kHz-Bandpaß um 30 dB dämpft.
Die getrennte Deemphasis für Haupt-und Hilfskanal vor der
Multiplexdemodulation hat den Vorteil, daß Interferenzstörungen,
die Störgeräusche, wie Pfeifen und Zwitschern, hervorrufen,
stark unterdrückt werden.
An den Arbeitswiderständen R 518/ R 519 entsteht das Signal
(L-R) bzw. -(L-R). Die an den Schaltdemodulator gelangenden
Reste des Hauptsignals werden, da sie an den Arbeitswiderständen
gleichphasig auftreten, durch die Gleichtaktunterdrückung
des Differentialverstärkers T 505/T 506 beseitigt. Dieser
Verstärker arbeitet gleichzeitig als Matrix, indem er aus
dem im Transistor T 502 verstärkten Hauptsignal und dem
Differenzsignal das L- bzw. das R-Signal bildet.
Zwischen dem Matrixausgang und den Impedanzwandlern T 507 und
T 508 liegen 15-kHz-Tiefpaßfilter zur Unterdrückung
von Multiplex-Restspannungen. Der Pegel der niederohmigen Ausgänge
ist von 50 mV bis 1V (75 kHz Hub) einstellbar.
Anzeigeteil |
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Bild 9. Schaltung
des Anzeigeteiles |
Im Anzeigeteil (Bild 9) sind Hilfsschaltungen
für die Abstimmanzeige und die Automatikfunktionen zusammengefaßt.
Das in der vierten Zf-Stufe ausgekoppelte Signal wird im Transistor
T 601 verstärkt und gelangt zu einem Schmalbanddetektor,
dessen Bandbreite eine empfindliche Mittenanzeige am Instrument
ermöglicht.
Für die Signalstärkeanzeige wird an den ersten drei
Zf-Stufen ein pegelabhängiger Strom ausgekoppelt, im Transistor
T 602 verstärkt und dem rechten Instrument zugeführt..
Die pegelabhängige Triggerschaltung (T604/T605) gibt einerseits
für die Mono-Stereoumschaltung im Stereo-Decoder (Basis
T 510) ein Signal frei und steuert andererseits die letzte Zf-Stufe
für die Rauschunterdrüdcung und die Stummabstimmung.
Wird die dritte Taste gedrückt, so schaltet sie den Kollektorwiderstand
von Transistor T 602 auf ein Potentiometer um, mit dem die Empfindlichkeit
des Triggers in sehr weiten Grenzen verändert werden kann.
Bei gedrückter "Stummtaste" werden selbst stark
einfallende Sender unterdrückt (Squelch). Ist diese Taste
nicht gedrückt, so wirkt der Trigger nur auf die Mono-Stereo-Umschaltautomatik.
Die Anordnung T 510/T 511/T 512 prüft im Decoder (Bild
8), ob für die automatische Umschaltung auf Stereobetrieb
folgende Bedingungen erfüllt sind:
1. Signal vom pegelabhängigen Trigger (Eingang Basis T
510).
2. Vorhandensein eines Pilottones. (Dieser wird vom Bandfilter
in der Hilfsträgerregeneration ausgekoppelt, in Stufe T
509 verstärkt und in der Diode D 502 gleichgerichtet. )
3. Mono-Stereo-Umschalter auf Stereo
(somit gelangt ein Signal zur Basis von Transistor T 511).
Der Schalttransistor T 512 steuert auch den Indikator-Leuchtpunkt
Stereo an (Ausgang EG 1).
Für die Mehrwegempfangsanzeige wird das Multiplexsignal
einem monostabilen Trigger T 608/T 607/T 606 zugeführt.
Frequenzhubspitzen, die bei Mehrwegempfang (Reflexionen) auftreten,
lösen den Trigger aus und bringen den Leuchtpunkt zum Aufleuchten.
Technische Daten des Tuners A 76
Empfangsbereich: |
87,5 MHz bis 108 MHz |
Empfindlichkeit: |
1µV, gemessen am 60-Ohm-Eingang für
einen Signal-Rauschabstand von 30 dB, bezogen auf 15 kHz
Hub |
Statische Selektion: |
60 dB für 300 kHz Abstand |
Wirksame Selektion: |
80 dB für zwei Signale 100 µV
und 1 mV, 40 kHz Hub und 300 kHz Abstand |
Spiegelselektion: |
70 dB |
Nebenwellenunterdrückung: |
90 dB |
Zf-Unterdrückung: |
90 dB |
Bandbreite, Zf-Filter: |
130 kHz |
Zf-Verstärker und Demodulator: |
5 MHz |
Übernahmeverhältnis (capture ratio):
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1dB, gemessen bei 1mV Antennenspannung und
40 kHz Hub |
Störimpulsunterdrückung: |
40 dB. Nf-Spitzenstörabstand bezogen
auf 75 kHz Hub, gemessen bei 100 µV Nutz- und 1
mV/100 kHz Störimpuls-Antennenspannung |
Verzerrungen: |
0,2 % bei 1 kHz und 40 kHz Hub (Mono oder
Stereo L = R) |
Fremdspannungsabstand: |
70 dB bei 75 kHz Hub, |
Stereo-Übersprechdämpfung: |
40 dB bei 1kHz |
SCA-Unterdrückung: |
80 dB bei 67 kHz |
Pilotton-Unterdrückung: |
40 dB bei 19 kHz |
Hilfsträger-Unterdrückung: |
50 dB bei 38 kHz |
Nf-Ausgangsspannung, regelbar, niederohmig:
|
1V bei 75 kHz Hub |
Frequenzgang: |
30 Hz bis 15 kHz -1 dB, gemessen von Antenne
bis Nf-Ausgang |
(nach Hersteller-Angaben) |
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Die Autoren sind Mitarbeiter
der Firma Willi Studer, Regensdorf/Schweiz.
aus: Funkschau 16/1969 Herzlichen
Dank an die
Funkschau für die Erlaubnis, diesen Artikel hier zu
veröffentlichen. |
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