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Der Revox-Tuner A 76  
Revox A76 Bild 1
Über ein Jahr existierte der Tuner A 76 von Revox nur als Prototyp. Erst vor kurzem begann die Fertigung des in Fachkreisen schon vieldiskutierten Geräts, dessen Auslieferung an den Fachhandel in diesen Wochen beginnt. Der Autor hatte Gelegenheit, einen A 76 aus einer Vorserie Ende vergangenen Jahres eingehenden Empfangsversuchen zu unterziehen und mit anderen Geräten der Spitzenklasse zu vergleichen.
Äußerlich ist der Tuner den übrigen Bausteinen der neuen Revox-Serie (Verstärker A 50 und Tonbandgerät A 77) angepaßt. Auf der Frontplatte (siehe Bild) erkennt man rechts außen den griffigen, stark untersetzten Drehknopf zur Senderabstimmung. Obwohl die Skala recht kurz ist, bietet die Sendereinstellung keinerlei Schwierigkeiten. Links neben der Skala folgen zwei Anzeigeinstrumente für Abstimm-Mitte und Signalstärke. Dieses zweite Instrument gibt natürlich nur relative Werte der Signalstärke an; es ist insofern gut dimensioniert, als sich der Anzeigebereich von wenigen µV bis etwa 10 mV erstreckt. Die über den beiden Anzeigeinstrumenten angeordneten fünf leichtgängigen Drucktasten haben, von links nach rechts, folgende Funktionen: 1. Ein-Aus-Schalter, 2. "Stereo-Automatic": Bei Vorhandensein des Pilottons wird bei gedrückter Taste automatisch auf Stereo umgeschaltet; bei gelöster Taste wird die Stereo-Sendung monophon empfangen, 3. "Trigger level var. ": Wird diese Taste gedrückt, läßt sich, bei gedrückter Taste 4 ("Muting on"), zusammen mit einem kleinen Drehknopf (über dem Senderdrehknopf) die Stummabstimmung in sehr weiten Grenzen variieren. Die Taste 5 schließlich ist mit "Multipath-lndicator" bezeichnet: Wird diese Taste gedrückt, so geschieht bei reflexionsfreiem Empfang nichts; liegt aber infolge von Reflexionen des einfallenden Signals an einem oder an mehreren Hindernissen hinter der Empfangsantenne sogenannter "Mehrwegempfang" vor, so wird durch die entstehenden Frequenzhubspitzen ein monostabiler Multivibrator ausgelöst, der seinerseits eine rote Glühlampe zum Flackern oder dauernden Leuchten bringt. Mehrwegempfang führt bekanntlich zu einem mehr oder weniger verzerrten, "heiseren" oder "zischenden" Klangbild. Da aber nicht immer entschieden werden kann, ob Verzerrungen auf Mehrwegempfang beruhen oder andere Ursachen haben, ist diese Warnvorrichtung des Revox-Tuners von sehr großem Nutzen.
Auf der Rückseite des Gerätes finden sich die beiden Antennenanschlußbuchsen für 240 Ohm (symmetrisch, nach DIN) und 60 Ohm (asymmetrisch, BNC), Schlitzschrauben zur kanalweisen Regulierung des NF-Pegels sowie DIN- und Cynchbuchsen zum Anschluß des Geräts an den Verstärker.
 
A 76 geöffnet Bild 2


Technische Besonderheiten


Das Innere des Tuners (Bild 2) ist sehr übersichtlich gestaltet. In den einzelnen Baugruppen gelangen einige bemerkenswerte neue schaltungstechnische Erkenntnisse zur Anwendung. Man erkennt rechts oben den Eingangsteil, der in der HF-und in der Mischstufe Feldeffekt-Transistoren (Dual-Gate MOS-FET) verwendet; ebenfalls sichtbar ist der Vierfach-Drehkondensator. Die ZF-Selektion wird erstmals durch ein passives Gauss-Achtkreisfilter (rechts unten im Bild) gewonnen. Links anschließend folgen 5 ICs (integrierte Schaltungen), die den ZF-Verstärker aufbauen, dessen Bandbreite 5 MHz beträgt. Zur Gewinnung des Multiplexsignals wird ein breitbandiger (5 MHz) Leitungsdemodulator mit zwei koaxialen Verzögerungskabeln (links oben) verwendet. Der 38-kHz-Hilfsträger wird nicht wie üblich durch Verdoppelung des Pilottons gewonnen, sondern über einen integrierten Frequenzteiler aus einem phasengesteuerten "phase locked loop" 76-kHz-Oszillator abgeleitet. Die Deemphasis wird multiplexseitig für Hilfs- und Summenkanal getrennt vorgenommen. Ein Schaltdemodulator für den Hilfskanal mit anschließender Matrix liefert das Links- und Rechtssignal. Der Decoder arbeitet einwandfrei bis zu Umgebungstemperaturen (außerhalb des Geräts) über 45 Grad Celsius.
Auf Anfrage teilte die Herstellerfirma mit, daß die Endprüfung des Tuners etwa zwei Stunden beanspruche und daß im Verlauf dieser Prüfung alle im Prospekt angegebenen Daten überprüft würden. Es werden für den Tuner A 76 folgende Daten angegeben:

Nebenwellenunterdrückung (spurious response) 90 dB
Spiegelselektion (image response) 70 dB
Gleichwellenselektion (capture ratio) 1 dB
Statische Selektion (für 300 kHz Abstand) 60 dB
Wirksame Selektion
(für 2 Signale 100 µV und 1 mV, 40 kHz Hub, 300 kHz Abstand)
80 dB
Verzerrungen (40 kHz Hub, 1 kHz) Mono und Stereo L = R max. max. 0, 2%
Bandbreite ZF-Filter 130 kHz
Brandbreite ZF-Verstärker und Demodulator 5 MHz
Empfindlichkeit (60 Ohm, 30 dB S/R, 15 kHz Hub) 1 µV
Fremdspannungsabstand (75 kHz Hub) 70 dB
Stereo-Übersprechdämpfung (1 kHz) 40 dB
Frequenzgang: 30 Hz bis 15000 Hz -1 dB
Pilotton- und Hilfsträger-
unterdrückung
40 dB
Störimpulsunterdrückung 40 dB


Praktische Erprobung

Diese Daten ließen hervorragende Empfangseigenschaften erwarten. Bei der praktischen Erprobung des Tuners fiel bald auf, wie leicht mit ihm zu "arbeiten" ist: Zusammen mit einer 8-EIement-Rotorantenne bereitete die präzise und rasche Sendereinstellung dank der genau geeichten Skala und den sehr empfindlichen Abstimmhilfen keinerlei Schwierigkeiten. Besonderes Lob verdient die Warnvorrichtung für Mehrwegempfang, die oft bereits "flackerte", bevor gehörmäßig Verzerrungen festzustellen waren (geprüft durch Wegdrehen der Antenne vom eingestellten Sender).
Das Klangbild des Tuners ist sauber und ausgewogen, auch in stereophoner Wiedergabe ist bei kritischer (obertonarmer) Modulation keinerlei Verzerrung hörbar. Nach Möglichkeit wurden Live-Sendungen für direkte AB-Vergleiche herangezogen. Es ist wohl sehr schwierig, zwischen Spitzentunern auch bei direkten Vergleichen noch große klangliche Unterschiede herauszuhören - immerhin zeigten andere, zum Teil wesentlich teurere Tuner in Stereo ein deutlich "spitzeres", in den Höhen, "härteres" Klangbild.
Im Empfangstest (Umgebung von Zürich und Winterthur) zeigte sich bald die hervorragende Trennschärfe des Tuners bei sehr guter Empfindlichkeit: Auch bei sehr nahe beieinanderliegenden Sendern in fast gleicher Richtung entstanden kaum je Trennschwierigkeiten. An der Rotorantenne wurden, je nach Tageszeit und atmosphärischen Bedingungen, 34 bis 39 Stationen in empfangswürdiger Qualität empfangen, darunter 26 bis 28 Stationen in absolut einwandfreier Qualität. Sämtliche Lokal-und Regionalsender im Umkreis von 75 km wurden rausch- und zwitscherfrei empfangen, darunter die beiden Stereo-Programme von drei Südwestfunksendern. Von zwei in genau derselben Richtung liegenden Südwestfunksendern in nur 200 kHz Abstand wurde der nähere (30 km, 1 kW) in einwandfreier Stereo-Qualität, der andere (75 km, 8,4 kW) mit mäßigem Rauschen und etwas Zwitschern empfangen. Dieser schwierige Empfangstest bestätigt nicht nur die gute Selektivität, sondern stellt auch dem Stereo-Decoder ein gutes Zeugnis aus: Praktisch alle anderen geprüften Tuner brachten nur den näheren der beiden Sender - und auch diesen meist stark gestört durch Pfeifen und Zwitschern.
Die Weitempfangseigenschaften des Revox-Tuners sind ebenfalls sehr beachtlich. Ein nur 130 Watt starker Landessender am Ostende des Bodensees (75 km) wurde fast rauschfrei empfangen, und der über 125 km entfernte bayerische Sender Grünten kam sogar stereophon in fast einwandfreier, rauschfreier Qualität. Bei Weitempfang fiel vor allem auf, wie wenig störanfällig der A 76 auf Impulsstörungen ist; dies zeigte sich am eindrücklichsten bei unmittelbaren AB-Vergleichen.


Zusammenfassung


Unsere bisherigen Empfangs- und Hörteste zeigten, daß der neue Revox-Tuner A 76 ein Empfangsgerät für allerhöchste Ansprüche darstellt. Der Tuner darf trotz seines relativ bescheidenen Preises von 1340, - DM (ohne MWSt) in die kleine Gruppe weitbester UKW-Empfänger eingereiht werden.

Werner Madritsch
 
aus: fonoforum, Zeitschrift für Schallplatte, Musik und Wiederqabetechnik, März 1969

Herzlichen Dank an den Nitschke-Verlag für die Erlaubnis, diesen Artikel hier zu veröffentlichen.
 
 
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